Die Wirkung von Farben im Marketing wird oft unterschätzt. Farben sind weitaus mächtiger, als viele Menschen annehmen, denn sie lösen häufig unbewusste Reaktionen aus und sind insbesondere fähig, Emotionen freizusetzen. Farben umgeben uns überall und wir ordnen ihnen erfahrungsgemäß verschiedene positive und negative Eigenschaften zu. Nicht nur mit psychologischen Wirkungen werden die Farben in Zusammenhang gebracht, sondern sie lassen sich unter anderem auch wirksam zur Therapie verschiedener Erkrankungen einsetzen. Es verwundert deshalb nicht, dass Farben im Marketing und der Werbebranche eine äußerst bedeutende Rolle spielen.

Positive und negative Bewertungen von Farben

Am Beispiel der Grundfarben Rot, Grün und Blau wird deutlich, welche Assoziationen und Bedeutungen in unserem Kulturkreis mit einzelnen Farben verknüpft sind.

Rot

Positiv: Kampf, Gefahr, Wärme, Leidenschaft, Aktivität
Negativ: aufwirbelnd, aggressiv

Blau

Positiv: Harmonie, Treue, Vertrauen, Verlässlichkeit, Sachlichkeit
Negativ: Distanz, Kälte

Grün

Positiv: Hoffnung, Ruhe, ausgleichend, erfrischend
Negativ: sauer, herb, unreif

Farbe ist das subjektivste Gestaltungsmittel

Farbe ist ein mächtiges Instrument. Geschickt platziert kann die passende Farbauswahl tatsächlich Wahrnehmungen beeinflussen, Stimmungen hervorrufen und sogar Handlungen auslösen. In der Werbebranche nutzt man Farbtöne, beziehungsweise Farbkombinationen ganz gezielt in Verbindung mit Produkten, Unternehmen, Marken oder Serviceleistungen. Farbe ist das wichtigste und subjektivste Mittel der Gestaltung. Farbe hat beim gezielten Einsatz die Fähigkeit, zu gliedern, zu betonen, zu harmonisieren und auch zu kommunizieren. Es lohnt sich deshalb, das Augenmerk auf passende Farben und Farbkombinationen zu legen, wenn es um die Werbung und Außendarstellung geht.

Entscheidungen hängen zum Großteil von der Farbe ab

Wie wichtig die richtige Farbauswahl tatsächlich ist, zeigt eine kanadische Studie. Danach dauert es im Höchstfall nur 90 Sekunden, bis sich ein Interessent nach dem ersten Kontakt mit einer Person oder einem Produkt entscheidet. Die Farbwirkung gibt bei der Bewertung mit einem Anteil zwischen 62% – 90% den Ausschlag. Zur Studie „Impact of Colour on Marketing“ 

Falscher Einsatz wirkt kontraproduktiv

Trotzdem einzelne Farben bestimmte Wirkungen haben, können Farben nach Beurteilung der Experten auch in der Werbung nicht losgelöst von ihrem Umfeld betrachtet werden. Farben stehen in Zusammenhang und sollten nicht nur mit der Werbeaussage harmonieren, sondern auch mit einem Produkt oder einer Marke.

Farbtugen magenta oliv giftgrün

Wenn zu viele bunte oder großflächige Farben wirken, wird die beabsichtigte Aussage unter Umständen nicht unterstützt und es entstehen Missverständnisse. Einzelne Farbtöne oder Farbkombinationen können auch „besetzt“ sein, wie das etwa bei der Farbe Magenta in Bezug zum Unternehmen Telekom der Fall ist. Magenta assoziiert man automatisch mit der Telekom. Wer eine solche Farbe für sein eigenes Unternehmen einsetzen möchte, sollte diese Bezüge berücksichtigen.

Farben im Marketing – Theorie und Praxis

Das Thema Farben im Marketing ist nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis äußerst komplex. Es umfasst viele Theorien und Lehren und sogar Fachleute streiten untereinander darüber, ob etwa der Einsatz von Farbschemata sinnvoll ist. Das liegt daran, weil Farben nicht für jeden Kulturkreis und jede Religion die gleiche Bedeutung haben und so bei unüberlegter Verwendung auch gegenteilige Effekte auslösen. Der Unterschied wird beispielsweise in der Bedeutung der Farbe Weiß klar. Während Weiß in unserem und dem nordamerikanischen Kulturkreis für Reinheit steht, verbinden Chinesen und Japaner die Farbe Weiß mit dem Tod. In Ägypten bedeutet Weiß hingegen Freude und in Frankreich steht die Farbe für Neutralität. Nach Ansicht der Befürworter der Farbschemata, lassen sich jedoch negative Effekte zuverlässig vermeiden, wenn die eingesetzten Farben schon vor der Verwendung geprüft und für den angesprochenen Kulturkreis angepasst sind.

Studie zu kaufauslösenden Faktoren - Schaufenster

Für 93% ist die Optik entscheidend

Wenn es um die Frage geht, welchen Einfluss visuelle Faktoren auf den Verkaufsumsatz haben, gibt eine weitere Studie Auskunft. Danach lösen Faktoren wie Geruch und Musik lediglich 1% der Käufe aus. Mit einem Anteil von nur 6% entscheiden sich Interessenten anhand der Oberflächenbeschaffenheit für einen Kauf.

  

Für 93% der Interessenten ist dagegen allein das visuelle Erscheinungsbild beim Kauf entscheidend. Zur Studie „The Effects of Store Environment on Shopping Behaviors: a Critical Review“

„The Profit of Colour!“

Neben anderen eindeutigen Ergebnissen stellen ebenfalls die Erfahrungswerte des erfolgreichen amerikanischen Marketingsunternehmens CMG die Bedeutung von Farben im Marketing klar heraus, die sie in der Story „Profit of Colour“ veröffentlicht hatten. Nach den veröffentlichten Zahlen erhöht Farbe die Markenerkennung um bis zu 80%. Außerdem fördert Farbe die Lesebereitschaft bei 40% und fördert das Verständnis bei 73%. Farbige Anzeigen werden bis zu 42% öfter gelesen als vergleichbare Anzeigen in Schwarz und Weiß. Gleichzeitig soll Farbe die Lernfähigkeit von 55% auf 78% erhöhen. Auch dieses Unternehmen ermittelte, dass Farbe bis zu 85% den Ausschlag dafür geben kann, dass sich Menschen für einen Kauf entscheiden.

Welche Farbe für welche Käufergruppe?

Welche Farben für welche Käufergruppen attraktiv sind, darüber gibt ein weiterer amerikanischer Bericht Auskunft, der auch für unseren Kulturkreis gilt. Demnach unterteilt man Konsumer in drei Kundengruppen, nämlich Impulskäufer, Käufer mit einem Etat und traditionelle Käufer.  Impulskäufer interessieren sich vorwiegend für die Bereiche Fast Food, Outlet-Geschäfte und Räumungsverkäufe.

Farbpyramide Käufergruppen

Sie reagieren positiv auf Farben wie Orange, Rot, Schwarz und Royalblau. Die Käufergruppe mit einem festen Etat bevorzugt die Farben Navy Blue und Grünblau, sie sind vorwiegend im Bereich Bank und in größeren Kaufhäusern unterwegs. Traditionelle Käufer zeigen eine Affinität zu den Farben Pink, Rosa und Himmelblau und bevorzugen meistens Bekleidungsgeschäfte.

Männer und Frauen mögen zum Teil unterschiedliche Farben

Die bevorzugten Farben sind nicht nur vom Geschlecht, sondern auch vom Alter abhängig. Untersuchungen fanden heraus, dass Männer sich oft für die Lieblingsfarben Blau, Schwarz, Braun, Grün und Rot entscheiden. Frauen mögen auch am liebsten Blau, dann folgen die Farben Orange, Gelb, Lila, Grün und Rot. Die Vorlieben und emotionalen Verbindungen in Bezug auf Farben ändern sich altersabhängig. Beispielsweise mögen Siebenjährige lieber Gelb, als Erwachsene. Das ergab der Bericht „Color sells: How the psychology of color influences consumers“.

Eine einfache Richtschnur gibt es nicht

Wer als Laie auf dem Gebiet Farben im Marketing eine einfache Richtschnur oder eine schnelle Lösung bei der Auswahl der richtigen Farbe für sein Unternehmen oder seine Produkte sucht, wird wohl eher enttäuscht. Fachleute sind sich darüber einig, dass jedes Unternehmen, jedes Produkt und jede Leistung in Bezug auf die Farben in seinem individuellen Kontext zu betrachten ist und dieser letztendlich ergibt, welcher Farbton und welche Farbkombinationen in welcher Proportion am besten passen und zu den beabsichtigten Farbwirkungen führen.

Farbkreis nach Johannes Itten Farbkontrastte
Farbkreis nach Johannes Itten

Was empfehlen Experten?

Eine kurze und allgemein gültige Empfehlung zum perfekten Einsatz von Farben im Marketing gibt es leider nicht. Die Wirkung von Farben lässt sich nämlich nach Ansicht von Experten in aller Regel nicht getrennt vom Umfeld bewerten. Gerade deshalb kommt es immer auf den besonderen Kontext von Farbe zum Produkt, zur Dienstleistung oder zur Marke an. Die Wirkung von Farben im Marketing sollte man aber in jedem Fall bewusst und überlegt nutzen, um die Wahrnehmung nicht zu beeinträchtigen und negative Wirkungen zu vermeiden.

Auch beim Thema Marketing und Werbung in Verbindung mit Farben raten Fachleute in vielen Situationen zu dem bekannten Motto „weniger ist mehr“. Gezielte Farbakzente helfen dabei, ein ansprechendes Gesamtbild zu schaffen und wichtige Informationen hervorzuheben. Dabei sollten auch passende Tertiärfarben und Komplementärfarben genutzt werden. Über die gegenseitige Wirkung und den Einfluss von sieben unterschiedlichen Farbkontrasten gibt beispielsweise der Farbkreis des Künstlers Johannes Itten Auskunft. Man unterscheidet danach generell verschiedenen Kontraten:

  • Farbe-an-sich-Kontrast
  • Hell-dunkel-Kontrast
  • Kalt-warm-Kontrast
  • Komplementärkontrast
  • Simultankontrast.